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Samstag, 6. August 2016

Der Tag der toten Katze: Kurzgeschichten

Der Tag der toten Katzen - Kurzgeschichten


»Ich hasse es, wenn der Tag damit beginnt, 
dass ich eine überfahrene Katze begraben muss.« 

Auf diese Einleitung hin bauten 14 Autoren die Erzählungen in diesem Buch auf. Frei von einem vorgeschriebenen Genre gestalten sich die Kurzgeschichten dabei von märchenhaften Begegnungen über erheiternde Begebenheiten, bis hin zu morbiden Betrachtungen rund um eine überfahrene Katze.

Besonders für Liebhaber skurriler Kurzgeschichten ist dieses Büchlein unumgänglich.


Demnächst: Die Macht der Clans II LiebesTod


Leseprobe Die Macht der Clans Teil 1 "LiebesRebellion"

Die Macht der Clans – Liebesrebellion

Die Erde ist unbewohnbar.
Nach jahrelanger Odyssee durch das All
findet die Menschheit im Pictor System eine neue Heimat.
Aus nostalgischen Gründen wird dem Planeten,
der Name Terra Zwei gegeben.
Der Weltrat, unter Führung des Großherrschers,
schickt, die verbliebenen funktionstüchtigen Raumkreuzer
zurück zur Erde. Keiner von ihnen kam je zurück.
Abgeschnitten von den meisten technischen
Errungenschaften der Menschheit passen sich die Lebensbedingungen auf Terra zwei allmählich denen der Erde,
des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts an.
Dreihundert Jahre nach der Besiedelung
regieren Clans diese Welt.
Die einfache Bevölkerung leidet unter der willkürlichen Herrschaft und der unersättlichen Gier der Clanführer.
Wer die geforderten Abgaben nicht zahlen kann,
wird deportiert und zur Zwangsarbeit verpflichtet.
Hunger, Ausbeutung und öffentliche Hinrichtungen
bestimmen den Alltag der Bürger.
Widerstand regt sich.
Die Rebellen kennen nur ein Ziel.
Die grausame Clanherrschaft auf Terra beenden,
und der Bevölkerung zur Freiheit zu verhelfen …


Prolog
29.Mai 317 nach Besiedelung Bahrl Außenbezirk

Larn fluchte, während er versuchte, die Solarmodule der Erntemaschine so zu stabilisieren, dass sie in ihrer Position blieben. Bekam er das Problem mit dem Schwebeantrieb nicht endlich in den Griff, würde sich seine Arbeitszeit erheblich verlängern.
Er war erst sechzehn, verdammt. Dennoch schuftete er täglich zwölf Stunden auf den Feldern. Ebenso wie seine Eltern und sein jüngerer Bruder Chris. Und wozu? Damit die Clans die Abgaben ständig erhöhten und dem einfachen Volk nicht einmal genug übrig blieb, um richtig satt zu werden?
Larn schnaubte verächtlich. Diese Abgaben waren nichts weiter als legaler Diebstahl.
Angeblich gab es Widerstand dagegen. Er hatte von kleinen Gruppen gehört, welche die Clans bekämpften. Wie gerne hätte er sich einer solchen Einheit angeschlossen. Doch das würde bedeuten seine Familie im Stich zu lassen. Etwas, was er niemals tun könnte. Dafür liebte er sie zu sehr.
Das dumpfe Grollen, das auf einmal in der Luft lag, riss ihn aus seinen Überlegungen. Er hob die Hand über die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen und suchte aufmerksam den Himmel ab. Als er die näherkommenden Schatten am Horizont erkannte, rannte er los. Die Silhouetten der Clangleiter waren unverwechselbar. Das, was die Dorfgemeinschaft bereits seit Längerem befürchtet hatte, war eingetroffen.
Einen Augenblick später blitzte es dort, wo er gerade noch gestanden hatte, grell auf. Der ohrenbetäubende Donner einer Explosion folgte.
Die Druckwelle riss Larn zu Boden, die Hitze des Feuerballs, der über ihn hinwegfegte, versengte sein Shirt und seinen Rücken, der brennende Schmerz ließ ihn aufschreien und trieb ihm Tränen in die Augen. Verschwommen nahm er die schwarz gekleideten Gestalten wahr, die vom Waldrand her auf das Feld marschierten. Clankrieger!
Sie benutzten grünes Feuer, um die Nervenreflexe ihrer Beute erstarren zu lassen. Das Aufblitzen ihrer Waffen steigerte sein Entsetzen und half ihm wieder auf die Beine zu kommen.
Larn lief los, strauchelte, fing sich im letzten Moment und taumelte weiter über den unebenen Boden. Alles woran er denken konnte war, dass sein kleiner Bruder allein zu Hause war und dass ihm die Zeit davonlief. Er musste zu ihm, musste zu Chris und ihn in Sicherheit bringen.
Ein Schatten tauchte neben ihm auf und griff nach seinem Arm. Reflexartig wollte er sich losreißen, erkannte im letzten Moment das Gesicht seines Vaters und atmete erleichtert auf. Sein Vater wusste immer was zu tun war.
„Schneller“, schrie dieser und legte sich Larns Arm um die Schultern, um ihn zu stützen. „Wir müssen zur Hütte.“
Larn biss die Zähne zusammen und nickte. Er zwang sich schneller zu laufen, obwohl ihm sein eigener, keuchender Atem in den Ohren dröhnte.
Er erkannte die Gestalt seiner Mutter, halb verborgen von den Bäumen am Waldrand, die sich abwandte und in den Wald lief. Wenige Minuten nachdem sie verschwunden war, erreichten sein Vater und er die Bäume. Nebeneinander rannten sie den schmalen Wildpfad entlang, bis sie endlich den Rand des Forstes erreichten und damit in Sichtweite ihrer Hütte kamen. Larn konnte Chris nicht sehen. Panik schlug über ihm zusammen, als ihm gewahr wurde, dass er auch seine Mutter nirgends erblickten konnte.
Larn stolperte, nach seinem Vater, durch die Tür und die Knie wurden ihm weich vor Erleichterung, als er seine Mutter im Wohnbereich sah. Aber keine Spur von seinem Bruder.
„Wo ist Chris?“, schrie sein Vater.
„Ich weiß es nicht!“
Die Angst ließ die Stimme seiner Mutter schrill klingen.
“Speisekammer…“,stieß Larn zwischen schnellen, keuchenden Atemzügen hervor. „Er versteckt sich immer dort, wenn er Angst hat.“
Sein Vater begann, den schweren Schrank vor die Eingangstür zu schieben.
„Marianna, hol mir meinen Blaster“, befahl er dabei, „und dann geh zu den Jungs nach hinten.“
Larn erstarrte.
„Nein Vater“, entfuhr es ihm, „sie werden dich töten, wenn du bewaffnet bist.“
Grimmige Entschlossenheit lag auf der Miene seines Vaters, als dieser ihn ansah.
„Kümmere dich um deinen Bruder und bring ihn in Sicherheit!“
„Aber …“
„Tu, was ich die sage und geh!“
Larn wollte widersprechen, aber ein Blick in die Augen seines Vaters ließ ihn schweigen. Er wandte sich um und stürzte in Richtung des Vorratsraumes. Kaum hatte er diesen erreicht und die Tür geöffnet, ließ ihn lautes Donnern wieder herumfahren.
Anstelle der Haustür prangte ein großes Loch in der Wand, Teile des Schranks steckten tief im zuckenden Körper seines Vaters und Clankrieger stürmten in die Hütte!
Unwillkürlich wich Larn zurück in den düsteren Raum hinter sich, schlug reflexartig die Tür zu und stand einen Augenblick lang völlig reglos da. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper. Er wollte seinen Eltern zu Hilfe eilen, musste zu ihnen, musste irgendetwas tun!
Ein leises Schluchzen hinter ihm ließ ihn innehalten. Chris! Larn hatte seinen Bruder, der zusammengekauert in einer Ecke des Raumes hockte, beinahe vergessen.
Chris weinte, war offensichtlich völlig verstört und hielt ihm das kleine rote Holzauto entgegen, das er so liebte.
„Ich wollte es retten“, jammerte er, „auf einmal haben draußen alle geschrien.“
«Sei leise!“
Larn stürzte auf seinen Bruder zu und nahm ihn auf den Arm. Sein geschundener Rücken brüllte vor Pein.
„Um Himmels Willen, sei still. Sie dürfen uns nicht hören!“
Sein scharfer Ton zeigte sofort Wirkung. Sein Bruder gab keinen Laut mehr von sich. Selbst dann nicht, als seine Mutter nebenan schrie.
Mit einem Schritt war Larn wieder an der Tür und blickte, durch einen Riss im Holz, in den Wohnraum. Sein Herz zog sich zusammen und schmerzte, während sein übriger Körper völlig taub wurde. Er wollte nicht hinsehen. Wollte nicht zusehen, wie sein Vater über den Boden kroch und getötet wurde, während seine Mutter sich verzweifelt gegen die Krieger wehrte.
Aber er war unfähig auch nur einen Muskel zu rühren. Chris wimmerte und riss Larn dadurch aus dem Bann, der ihn gefangen hielt.
Er setze seinen Bruder ab, zwang sich von der Tür weg zu treten und schob das Regal an der Rückseite des Raumes zur Seite. Dahinter befand sich ein schmaler Durchgang. Als der Clan damit begonnen hatte, die Abgaben immer mehr zu erhöhen, häuften sich die Überfälle auf die Bevölkerung. Die Gerüchteküche brodelte. Von Deportation und Zwangsarbeit derer, die die Abgaben nicht zahlen konnten, war die Rede. Daher hatte sein Vater Fluchtmöglichkeiten geschaffen.
Larn zerrte Chris in einen weiteren Raum, der grade groß genug war, um die Klappe im Boden aufschlagen zu können.
„Schnell jetzt!“, drängte er, „wir müssen weg!“
Chris starrte ihn nur apathisch an.
Entschlossen nahm Larn ihn wieder auf den Arm und machte sich an den Abstieg in die Dunkelheit des Fluchttunnels. Die Anstrengung brannte in seinen Lungen, der Schmerz in seinem Rücken trieb ihm Schreie in die Kehle. Er unterdrückte sie, indem er sich die Lippen blutig biss.
Mit unerschütterlicher Gewissheit wusste er, dass er es sich niemals verzeihen würde, seine Mutter zurückgelassen zu haben. Aber die Anweisungen seiner Eltern für so einen Fall waren unmissverständlich gewesen: Sollte es jemals zu einem Angriff kommen, war es seine Aufgabe zuerst an seinen Bruder und sich selbst zu denken. Er hatte es ihnen schwören müssen. An diesen Schwur hielt er sich nun. Es hätte sich richtig anfühlen müssen, aber das tat es nicht.


25. August 336: Makaoh - City, 22.35 Uhr

Chris betrat den Club und blieb einen Moment stehen, um seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen.
Musik wummerte in ohrenbetäubender Lautstärke und das hektische Blitzen der Lasershow unterstrich die zuckenden Tanzbewegungen der Menge. Es war laut, es war stickig, es war voll. Warum ausgerechnet das Ikarus so ein angesagter Studententreffpunkt war, würde Chris für immer ein Rätsel bleiben. Doch es war ein idealer Ort um Kontakte zu knüpfen.
Ein weiterer Pluspunkt des Clubs lag darin, dass auch Larissa McIngless regelmäßig hier anzutreffen war.
Schon am ersten Tag in der Uni war sie ihm aufgefallen. Ihre Augen waren so grün wie eine Sommerwiese und es lag ein Strahlen darin, das seinen Puls regelmäßig in die Höhe trieb. Ihr Lächeln gab ihm das Gefühl, es wäre vollkommen nebensächlich zu atmen und ihre langen Beine war Auslöser unzähliger Träume, die definitiv nicht jugendfrei waren. War es da wichtig, dass ihr Vater der persönliche Berater Lord Hiereons war?
Mit Sicherheit wäre Chris besser beraten, Abstand zu dieser Frau zu wahren. Er war bisher davon ausgegangen, alle Angehörigen der Oberschicht verdienten Verachtung. Larissa jedoch war anders. Soziale Unterschiede schienen sie nicht zu stören. Sie benutzte den Einfluss, den ihre Stellung mit sich brachte niemals, um sich selbst einen Gewinn zu verschaffen. Zumindest hatte Chris nichts dergleichen mitbekommen. Ein Verhalten, das sie angenehm von anderen Mitgliedern der Upperclass abgrenzte.
Zu seinem Glück gehörten die meisten ihrer Freunde der Mittelschicht an. Also hatte er es darauf angelegt in ihren Freundeskreis aufgenommen zu werden. Was ihm durch Beharrlichkeit und dem Einsatz seines Charmes auch innerhalb kurzer Zeit gelungen war. Natürlich hatte das nur dem Ziel gedient, den Auftrag seines Bruders zu erfüllen und Informationen zu sammeln. Sich in der Nähe des Feindes aufzuhalten mochte riskant sein, aber die Qualität der Auskünfte war das wert.
Ja richtig, Informationen sind alles was du von ihr willst, dachte er ironisch. Darum hältst du ja auch jetzt schon wieder Ausschau nach ihr.
Er fand Larissa, zusammen mit ihrer besten Freundin Cindy, auf ihrem bevorzugten Platz. Reichtum hatte eindeutig Vorteile. In diesem Fall bestand dieser aus der dauerhaften Reservierung eines, der VIP Bereiche, die wie Blütenblätter einer Blume, rings um den großen Tanzbereich angeordnet waren.
Ohne weiter zu zögern, drängte sich Chris durch den Pulk eng aneinander stehender, vergnügungssüchtiger Menschen und kam grade rechtzeitig am Tisch der Frauen an, um einen Blick auf Larissas ausgestreckte Zunge werfen zu können, die sie Cindy präsentierte.
»Zie is sanns rocken«, erklärte sie.
»Hübsche Himbeerfarbe«, kommentierte Chris belustigt, »versucht ihr Krankheiten anhand der Zunge zu diagnostizieren«?
Eine weitere Annehmlichkeit des Wohlstands; die Lounge war, durch einen transparenten Schleier, vor der ohrenbetäubenden Geräuschkulisse des Clubs geschützt. So konnte man sich unterhalten, ohne schreien zu müssen.
Larissa fuhr zu Chris herum und er stellte fest, dass ihre Wangen ebenfalls eine hinreißende Färbung annehmen konnten.
»Ähm ich …«
»Sie hat gesabbert«, fiel Cindy Larissa grinsend ins Wort. »Ihre typische - oh-Gott-ich-habe-ihn-gesehen-Reaktion. Ich könnte währenddessen neben ihr umfallen. Sie würde es nicht bemerken.«
Ihr Lächeln nahm ihren Worten die Schärfe.
»Noch ein Wort und du fällst tatsächlich um«, zischte Larissa, deren Röte sich vertiefte.
»Um wen geht es denn?«
»Gari«, entgegnete Larissa schnell, während Cindy nur grinsend die Achseln zuckte.
Chris hatte Mühe, sein unverbindliches Lächeln beizubehalten. Gari Hiereon war der Neffe des Clanführers, der diesen Bezirk regierte. Er war genauso, wie Chris es von den Angehörigen der Oberschicht gewohnt war. Arrogant, jähzornig, geltungssüchtig. Dass er Larissa offensichtlich für sein persönliches Eigentum hielt, machte ihn nicht sympathischer. Aber Gari war auch eine von Chis` besten Informationsquellen. Wenn auch unfreiwillig. Dieser Idiot kam nicht auf den Gedanken, die Gesetzesänderungen, die sein Onkel plante und die er so unverhohlen in der Öffentlichkeit herausposaunte, könnten für irgendjemanden wertvoll sein.
»Sabbern ist deine typische Reaktion auf Gari?«, zog er Larissa auf.
Während er beobachtete, wie sie sich wand, verschwand jeder Gedanke an diesen Wichtigtuer. Ihre Verlegenheit war einfach bezaubernd.
»Der fällt eher unter Gift und Galle spucken«, erwiderte sie.
»Lass dir nicht den Abend von Dingen verderben, die du nicht ändern kannst“, versuchte Chris sie aufzumuntern. „Wenn du genug davon hast, über Gari nachzudenken, könnte ich dir etwas zu trinken bestellen.«
»Tu dir keinen Zwang an«, erwiderte Cindy an Larissas Stelle. »Du zahlst, ich hole die Getränke.«
Auffordernd hielt sie ihm die Hand hin und nahm die Chipkarte entgegen, auf der die Getränkepreise gespeichert wurden. Gleichzeitig schob sie Larissa, über den Tisch hinweg, eine andere Karte zu.
»Du kannst dieses Mal ein ganzes Wochenende da bleiben. Ich werde nicht vor Sonntagabend wieder zu Hause zu sein. Mach das Beste draus.«
Sie zwinkerte Larissa verschwörerisch zu und verschwand in der Menge.
»Ein Wochenende?«
Chris setzte sich neben Larissa auf die Bank.
Sie nickte und drehte die Karte nachdenklich in den Händen, bevor sie ihn aus halb gesenkten Lidern ansah.
Gott dieser Blick …. Chris registrierte nur am Rande, wie sie den Arm hob und einmal kurz mit der Karte winkte, die sie von Cindy erhalten hatte.
Larissa war niemals allein. Ihre Leibwächter waren lediglich gut genug ausgebildet, um sich dezent im Hintergrund zu halten. Ihr Vater mochte ihre Entscheidung zum Studium und ihre Freunde tolerieren. Ihre Sicherheit hingegen würde er niemals riskieren. Ein Umstand, der Chris kurzfristig entfallen war. Ein deutliches Zeichen, wie sie ihm unter die Haut ging.
»Die Schlüsselkarte zu Cindys Appartement“, erklärte Larissa nun, während sie die Karte in ihrer Tasche verstaute. „Ein völlig ungestörtes Wochenende. Ruhig, abgeschieden ….«
Sie hob den Blick und irgendwas in seinem Gesicht musste ihr seine Gedanken verraten haben.
»Nicht was du denkst. Ich meinte keine Angestellten, keine Überwachung, keine Regeln …«, sie stockte. »Das klingt jetzt auch nicht grade besser, oder?«
Chris lachte leise.
»Wenn das eine Einladung sein soll ….«
»Du versuchst nicht grade mit mir zu flirten?«
Wieder dieser Blick aus halb gesenkten Lidern. Unterlegt mit einem wissenden Lächeln, das seinen Puls in die Höhe trieb. Sie musste taub und blind sein, wenn sie die Wirkung, die sie auf ihn hatte, nicht bemerkte. Aber auch er beherrschte dieses Spiel. Chris beugte sich vor, bis sein Gesicht nahe vor ihrem war, und stützte sein Kinn auf seine Hand.
»Vielleicht«, sagte er, während er ihr in die Augen sah. »Und? Funktioniert es?«
»Das musst du schon selbst herausfinden.«
Er grinste.
»Ich denke schon.«
»Ganz schön arrogant.«
Er schüttelte leicht den Kopf und hob die Brauen ein wenig.
»Eher selbstbewusst.«
Larissa legte den Kopf zur Seite und hob ihn ein wenig an. Ihre Gesichter waren sich jetzt so nahe, dass sie sich beinahe berührten. Sie räusperte sich, fuhr sich dann mit der Zunge über die Lippen. Allein der Anblick ließ eine heiße Woge durch seinen Körper rasen. Sein Atem entwich, mit einem einzigen heftigen Stoß, sodass er gleich darauf nach Luft schnappte.
»Hochmütig«, konterte sie.
Chris streckte die Hand aus, legte sie an ihre Wange und begann mit dem kleinen Finger die empfindliche Linie ihres Halses entlang zu streichen. Seine Hände zitterten unmerklich, während sein Puls raste.
Sie erschauderte, schluckte schwer und rieb leicht mit ihrer Wange über seine Handfläche. Nur mit Mühe konnte Chris sich beherrschen, nicht die Augen zu schließen, um einfach das Gefühl ihrer weichen Haut unter seinen Fingern zu genießen. Für eine Sekunde überlegte er, ob er eine Verhaftung wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses riskierte, wenn das hier auch nur noch ein bisschen intensiver wurde. Das Bedürfnis, gleich hier und jetzt, jeden Zentimeter ihrer Haut zu erforschen, war enorm. Langsam ließ er seine Hand ein wenig tiefer wandern, bis seine Fingerspitzen hauchzart über ihr Schlüsselbein strichen.
»Aber äußerst erfolgreich«, stieß er hervor.
Gott, er krächzte wie ein pubertierender Teenager.
Larissa schnappte zittrig nach Luft und senkte die Lider. Ihre Hand legte sich auf seinen Oberschenkel, woraufhin Hitze in seinem Magen explodierte und ihm direkt in den Unterleib schoss. Innerhalb von Sekunden wurde er hart. Chris schwankte zwischen dem Verlangen, ihre Hand festzuhalten, bevor ihn die kreisende Bewegung ihres Daumens völlig um den Verstand brachte, und dem Wunsch sie würde ewig so weiter machen.
»Ich unterbreche eure Zweisamkeit ja äußerst ungern«, zerstörte Cindys Stimme die Illusion völliger Intimität und brachte beide zurück in die Realität. »Aber wenn ich mir das noch länger ansehe, muss ich diese Drinks über mich kippen, um mich abzukühlen. Oder mich auf den erstbesten Typen stürzen, der an diesem Tisch vorbei kommt. So wie ich es sehe, wird das, zu meinem Pech, Gari sein.«
Sofort rückte Larissa von Chris ab.
Dieser zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen und legte seine Hände um sein Glas, um deren Zittern zu verbergen. Seine Finger umklammerten das Gefäß so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Gern hätte er es zerbrochen. Vorzugsweise auf Garis Kopf. Sein Herz schlug noch immer viel zu schnell.
Verdammt, was hatte er sich nur dabei gedacht? Larissa war eine potenzielle Gefahrenquelle. Und das nicht nur, weil sie ihn alles um sich herum vergessen ließ. Er hatte einen Auftrag zu erledigen, der nicht lautete, Larissa McIngless in sein Bett zu bekommen.
Larissa hatte Gari mittlerweile ebenfalls entdeckt. Sie fluchte leise.
»Ohne Lance Einverständnis kann ich hier noch nicht weg. Eine weitere Auseinandersetzung mit Gari stehe ich nicht durch. Nicht heute Abend.«
Ihre Stimme klang brüchig und fuhr Chris direkt ins Herz. Es war dieser Ton, der ihn abermals alle Vorsicht vergessen ließ. Ohne nachzudenken, ergriff er Larissas Hand und zog sie von der Bank.
»Tanz mit mir.«
Sie sah ihn überrascht an, ließ sich aber bereitwillig von ihm durch das überfüllte Lokal führen.
Während des Tanzes zog er sie eng an sich. Spürte, wie sie sich durch seine Berührungen zuerst anspannte, sich dann aber weich und nachgiebig an ihn schmiegte. Er achtete darauf, sie beide im Schatten eines Stützträgers zu halten, von denen sich drei auf der Tanzfläche verteilten. Zusätzlich schirmte er sie mit seinem Körper ab. Ein suchender Blick über die Tanzfläche würde nun nicht mehr ausreichen, um Larissa, zwischen den anderen zuckenden Leibern, zu entdecken.
»Ich glaube nicht, dass Gari dich hier entdecken wird«, murmelte Chris an ihrem Ohr. Zu gern hätte er sich eingeredet, seine Lippen verursachten die Gänsehaut, die sie daraufhin überzog. »Es sei denn, er erkundigt sich bei deinen Wachhunden?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Lance wird mich nicht verraten. Wenn er muss, wird er nur sagen ich wäre tanzen gegangen.«
»Du vertraust ihm sehr?« Der Duft ihres Haares machte ihn wahnsinnig. Vanille mit einem Hauch von Erdbeeren. Sein Mund war völlig trocken. Er musste sich die Lippen befeuchten, bevor er weiter sprach. »Genau genommen ist Gari Lance Vorgesetzter.«
»Genau genommen ist Gari ein Arschloch. Wenn du ein Arschloch siehst, ihm aber nicht sagen kannst, dass er eins ist, dann denk es dir. Kannst du es ihm aber sagen, dann lass dir nichts gefallen.«
»Sagt Lance?«
Sie blickte auf und nickte lächelnd.
Chris Herzschlag beschleunigte sich. Er hätte viel gegeben, hätten das Vertrauen und die grenzenlose Zuneigung in ihrem Blick, ihm gegolten.
»Lance Cooper ist kein Mann, der dazu geeignet wäre, einer verwöhnten Zuckerpuppe den Arsch zu pudern.« Sie sprach mit verstellter, tiefer Stimme und breitem Akzent. »Du willst Freiheiten, dann verdiene sie dir.«
»Du hast sie dir verdient, nehme ich an?«
»Ich bin hier. Lance steht oben auf der Tribüne. Ein weiterer Mann am Vordereingang, einer am Hintereingang. Ich habe mehr Freiheiten als jede andere Frau der Oberschicht. Ja, ich habe sie mir hart verdient. Als mir Lance als Leibwächter zugeteilt wurde, war ich vierzehn. Ich hatte Forderungen, er hatte Bedingungen. Wir haben uns geeinigt. Ich lernte, auf mich aufzupassen. Er lernte, nicht zu genau hinzusehen.«
»Und kannst du es? Auf dich aufpassen?«
Wieder dieser laszive Blick, der ihm durch und durch ging.
»Nahkampf, Dolche, Blaster. Such dir etwas aus. Ich bin gut, in allem, was ich tue.«
Sie biss sich kurz auf die Unterlippe, als überlege sie, ob es klug war, ihm so viel über sich anzuvertrauen.
Ein Schauer überlief ihn, als ihm unwillkürlich der Gedanke durch den Kopf schoss, was sie mit diesen Lippen noch alles tun könnte.
»Was ist heute passiert?« Er musste einfach fragen.
Larissa senkte den Kopf. Ihre dichten, kastanienroten Locken fielen ihr dabei ins Gesicht, sodass es beinahe den Anschein erweckte, als verstecke sie sich dahinter.
»Es ist Gari. Wir hatten heute Nachmittag eine heftige Auseinandersetzung«, sagte sie dann leise, wobei sie Chris einen kurzen, unsicheren Blick zu warf. Fast so, als wollte sie sich vergewissern, dass er ihre Worte nicht lächerlich fand. Zum ersten Mal bemerkte Chris, wie klein sie war. Ihre Nase passte genau in die Kuhle zwischen seinen Schlüsselbeinen. Larissa war ihm immer stärker erschienen. Nicht so schutzbedürftig wie in diesem Moment.
 »Ich gebe es nicht gern zu, aber in manchen Momenten habe ich beinahe Angst vor ihm.«
Wut schoss in Chris empor. Unvermittelt und so heftig, dass sich sein Magen zusammenzog. Noch bevor ihm bewusst wurde, was er tat, umfasste er sanft ihr Kinn und brachte sie so dazu den Kopf zu heben.
Fest sah er ihr in die Augen, während er sagte: »Sollte Gari jemals etwas tun, was du nicht willst, sorge ich persönlich dafür, dass es ihm leid tut.«
Sie versuchte zu lächeln. Es war ein trauriges Verziehen der Mundwinkel. Gari hatte durchaus die Macht, ihr zu schaden. Das wusste sie ebenso gut wie er.
„Ich danke dir für den Schutz, den du mir anbietest“, sagte sie dennoch, während sie ihm zart die Hand auf die Wange legte.
Sein Herzschlag setzte für einen Moment aus, um dann doppelt so schnell in seiner Brust zu hämmern. Gott, er wollte sie. Wollte sie mehr, als alles andere zuvor. Hatte er sie vorher schon begehrt, war es jetzt mehr als ein körperliches Begehren. Weit mehr. Langsam beugte er sich zu ihr herab. Sie hob ihre Lippen den seinen entgegen. Sein Blut rauschte in seinen Adern, als er sie küsste.
Beide atmeten deutlich schwerer, als sie sich voneinander lösten. Noch immer hielten sich ihre Blicke umfangen. Ihre nächsten Worte entlockten Chris ein heiseres Stöhnen.
»Bitte, lass mich heute Nacht nicht allein.«


26. August 336: Makaoh-City, 15.45 Uhr

Chris stand am Fenster und starrte auf die Straße hinab. Sein Haar war noch feucht von der Dusche. Dennoch fühlte er sich beschmutzt. Besudelt durch die Holographiebilder, die er sich hatte ansehen müssen.
Er hatte nicht viele Freunde und so wusste er, dass etwas passiert sein musste, als Dave plötzlich vor seiner Tür stand. Wie erwartet, brachte ihm sein Freund keine guten Nachrichten. Aber das Ausmaß dieser Botschaft war beinahe mehr, als Chris ertragen konnte.
Während er die Nacht mit Larissa verbracht hatte, wurde sein Bruder getötet.
Chris hatte geglaubt zu wissen, wie dieser Verlust ihn treffen würde. Aber er hatte sich geirrt. Dem Schmerz, der jetzt in ihm tobte, hatte er nichts entgegenzusetzen.
Seit dem Tod seiner Eltern hatte es nicht mehr viele Konstante in seinem Leben gegeben. Eine davon war Larn. Sie waren durch weit stärkere Bande verbunden, als durch bloße Blutsverwandtschaft. Verbunden gewesen, korrigierte er sich.
Bereits früh im Leben hatte er lernen müssen, dass Tränen nicht halfen. Doch im Moment wünschte er sich, einfach weinen zu können. Vielleicht würde das die eisige Kälte vertreiben, die sein Denken lähmte und die ihn zu ersticken versuchte. Aber seine Augen blieben trocken.
Er ballte die Hände zu Fäusten und versuchte seine Trauer durch Wut zu ersetzen. Es gelang ihm nicht.
Gequält schloss er die Augen und ließ die Stirn gegen die Fensterscheibe sinken.
Die zweite Holographie hatte nicht mehr gezeigt, als einen brutal zugerichteten Torso. Die längst verheilten Brandnarben aber, die sich über den breiten Rücken und die Schulter erstreckten, waren deutlich zu erkennen. Sie waren Chris ebenso vertraut, wie sie unverwechselbar waren.
Kurz fragte er sich, ob es Zufall war, dass die Medikhüllen noch an den Stümpfen der Arme und Beine seines Bruders angebracht waren. Oder wollten seine Peiniger damit verdeutlichen, dass sie Larn, nach der Amputation seiner Glieder, noch weiter am Leben erhalten hatten? Was mochte es gewesen sein, was Larn letztendlich getötet hatte? Der Schock oder die Enthauptung? Wie viel Schmerz vertrug der menschliche Geist, bevor er kapitulierte?
Immer wieder blitze das Bild seines Bruders vor seinem inneren Auge auf.
Chris sah, wie Larn sich verzweifelt gegen die Krieger wehrte, hörte seine Schreie, als sie ihn auf diesen Tisch schnallten und ihn quälten, blickte in dessen panisch aufgerissen Augen, die trübe waren vor Schmerz. Gott, hatten sie ihm seine Augen gelassen?
Nein Stopp!, rief er sich selbst zur Ordnung. Hör auf damit. Denk nicht darüber nach. Denk gar nicht daran!
Er wollte nicht nachdenken. Wollte nicht wissen, wie lange das Sterben seines Bruders gedauert hatte oder wie qualvoll es gewesen sein mochte. Aber es war zwecklos. Die Bilder fielen mit ungebrochener Macht über ihn her, die Schreie gellten in seinen Ohren und – er wirbelte herum, hieb mit seiner Faust gegen die Wand. Der gewollte Schmerz brachte ihn wieder zur Besinnung. Keuchend stand er da, am ganzen Körper zitternd vor Anspannung, aber zumindest wieder in der Lage klar zu denken.
»Hat es geholfen?«, fragte Dave.
In den Augen seines Freundes stand dieselbe Trauer, der auch in Chris tobte.
»Nicht wirklich.«
»Ich weiß, es ist hart. Aber wir müssen los. Hast du alles, was du brauchst?«
Bei Daves Worten hätte Chris fast bitter aufgelacht. Alles, was er brauchte? Er hätte Larn gebraucht. Oder zumindest die Freiheit, seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Da das jedoch unmöglich war, schwieg er und nickte. Ein letztes Mal ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Er sah ein Zimmer in einer Bruchbude von einem Haus. Kalt und zugig, mit undichten Fensteröffnungen und fleckigen Wänden. Dennoch, dieser Raum war für beinahe ein Jahr sein Zuhause gewesen. Seine Zuflucht. Es fiel ihm schwer, das hinter sich zu lassen. Absurderweise hatte er das Gefühl, das Geschehene realer zu machen, wenn er dieses Zimmer verließ. Aber er hatte keine andere Wahl. Er musste stark sein um das Andenken seines Bruders Willen und sich wegen dem Vertrauen zusammenreißen, das dieser in ihn gesetzt hatte.


29. August 336: Clanbasis Hiereon, 19.19 Uhr

Es war lange her, seit Larissa sich zuletzt so ausgeglichen gefühlt hatte. Sie war glücklich und ihr Spiegelbild bestätigte es. Ihre Augen glänzten, die Wangen waren leicht gerötet und das Lächeln auf ihren Lippen wollte einfach nicht verschwinden.
Drei Tage war es her, dass Christopher sich von ihr verabschiedet hatte. Zweiundsiebzig Stunden, in denen sie kein Wort von ihm gehört hatte und die sich endlos hinzogen. Dennoch hatte nichts und niemand ihre gute Laune trüben können. Nur zwei Stunden noch, dann würde sie ihn wieder sehen. Ihr Herz schlug bereits jetzt schneller.
Larissa verdrehte die Augen und streckte ihrem Spiegelbild die Zunge heraus. Sie benahm sich wie eine Vierzehnjährige, die zum ersten Mal in ihrem Leben ein Date hat. Aber es hatte in den letzten Tagen nun einmal keine Minute gegeben, in der sie nicht an Christopher gedacht hatte.
Sein unglaubliches Lächeln, welches ihre Knie augenblicklich in Pudding verwandelte. Der Ausdruck in seinen Augen, der ihr Geborgenheit und Zärtlichkeit versprach. Seine Berührungen, die zugleich sanft und voller Kraft waren.
Bisher war ihr Sex nie als etwas Außergewöhnliches erschienen. Nicht, dass sie damit übermäßig viel Erfahrung hätte. Aber was selbst der kleinste Körperkontakt mit Christopher in ihr ausgelöst hatte …
Als sie mit ihm in Cindys Apartment gegangen war, hatte sie erwartet, dass es auf Sex hinaus laufen würde. Bekommen hatte sie jedoch mehr. Viel mehr. Blicke, die ihr auf der Haut brannten. Berührungen, die winzige Stromschläge durch ihren Körper sandten. Worte, die mitten ins Herz trafen. Oh ja, sie hatte mit ihm schlafen wollen. Und wie sie das gewollt hatte. Dass er dem nicht abgeneigt war, war unübersehbar gewesen. Dennoch war es nicht dazu gekommen.
Stattdessen hatte er sie ernst angesehen und ihr gesagt, dass er nicht mit ihr gegangen war, weil die Gelegenheit grade passte. Sondern weil er ihre Anspannung und ihr Bedürfnis nach Gesellschaft bemerkt hatte.
»Solange es in meiner Macht steht, werde ich immer da sein, sobald du mich brauchst«, hatte er ihr versichert.
Und so hatten sie die Nacht damit verbracht, zu reden. Zumindest die meiste Zeit.
Larissa stieß unwillkürlich den Atem aus. Ihr Unterleib zog sich zusammen, als sie daran dachte, was dieser Mann mit seinen Lippen anstellen konnte, mit seinem Mund, mit seinen Händen …
Noch eineinhalb Stunden, bevor sie aufbrechen konnte. Wäre es ungehörig, vorzeitig zu erscheinen? Es war ihr vollkommen gleichgültig, entschied sie gerade, als ein Summen an der Tür einen Gast ankündigte. Der automatisch aufklappende Bildschirm ihres Coms zeigte an, dass Lance vor der Tür wartete.
»Komm rein«, rief Larissa. »Glaubst du, der Wagen ist schon eher abfahrbereit? Ich möchte gern zeitiger losfahren.«
»Komm her und setz dich, Mädel.«
Larissa stockte mitten in der Bewegung. Lance nannte sie nur Mädel, wenn es Probleme gab. Ein Überbleibsel aus ihrer Teenagerzeit, wo sie mehr Probleme verursacht hatte, als gut gewesen war. Im Allgemeinen war es dann Lance, der die Wogen hinterher geglättet hatte. Ihre gute Laune verflog von einem Moment zum anderen, während sie ins Wohnzimmer ging.
»Was ist los?«
»Setz dich«, wiederholte Lance.
Breitbeinig stand er da. Die massigen Arme vor der Brust verschränkt, die Lippen schmal. Seine gesamte Haltung verriet - dieses Gespräch würde ihr nicht gefallen. Um sich unnötige Debatten zu ersparen setzte sie sich in einen der Sessel.
»Also?«
»Was ist vor drei Tagen in dieser Wohnung passiert?«
Nichts, in dem Blick seiner kühlen grauen Augen, ließ einen Rückschluss darauf zu, was er dachte. Dennoch bildete sich in ihrem Magen ein harter, schmerzhafter Klumpen.
»Was ist passiert?«
»Beantworte die Frage, Larissa.«
»Christopher und ich haben geredet. Uns …«
»Worüber? Hat er dir Fragen gestellt?«
»Natürlich hat er das. Aber …«
»Was für Fragen?«
»Ganz normale Dinge.« Larissa fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Meine Eltern, seine Eltern, Freunde, die …«
»Was wollte er über deinen Vater wissen?«
»Herrgott, Lance!«
»Was genau, Larissa?«
»Nichts Ungewöhnliches.« Sie stand auf, ignorierte seinen missbilligen Blick und begann unruhig hin und her zu laufen.
», Was für ein Mensch er ist. Wie unsere Beziehung zueinander ist. Ob ich glücklich bin.«
Lances Augen verengten sich. Er sah sie an. Nachdenklich, abschätzend und viel zu lang.
»Besser du erfährst es von mir«, brummte er dann. »Christopher Bishop ist verschwunden.«
»Was?«, stieß sie ungläubig hervor.
»Seine Wohnung steht leer und er ist seit zwei Tagen bei keiner Vorlesung mehr gewesen.«
»Er kann nicht weg sein.« Sie schluckte und versuchte den Kloss, der auf einmal in ihrer Kehle steckte hinunter zu würgen. »Er hat gesagt, er wird da sein, wann immer ich ihn brauche.«
»Wenn es nur das wäre.« Lance klang resigniert.
So würde er nicht klingen, wenn ihr einfach nur irgendein Kerl das Herz herausgerissen hätte, um darauf herum zu trampeln. In dem Fall wäre er stinksauer. Niemand tat seinem Mädel ungestraft weh. Das hatte er oft genug gesagt und auch bewiesen.
»Was noch?«
»Er wurde zuletzt in den Quan-Bergen gesehen. Innerhalb der Sperrzone.«
Larissa atmete scharf ein. Des Öfteren verschwanden Menschen aus den Gebieten rund um diese Berge. Die Hitze die dort herrschte, zusammen mit der Unwirtlichkeit und der porösen Gesteinsstruktur, verurteilten jede Suchaktion von vornherein zum Scheitern. Da auf diesen Rettungsmissionen immer wieder weitere Menschen verschwanden, hatte der Großherrscher das Gebirge schließlich zum Sperrgebiet erklärt.
»Das ist unmöglich.«
Abwehrend schüttelte Larissa den Kopf.
»Es gibt einen Augenzeugen.«
»Nein, du verstehst nicht. Christopher kann nicht im Inneren der Sperrzone gesehen worden sein. Das Betreten ist bei Todesstrafe untersagt. Wenn er dort entdeckt worden wäre, hätte ihn niemand verraten können, ohne sich selbst zu belasten.«
»Möglich wäre es schon. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gering.«
»Du glaubst auch nicht, dass er dort war?«
»Er wurde in der Nähe gesehen, soviel steht fest.«
»Das ist noch nicht alles, oder?«
Lance seufzte und schüttelte den Kopf.
»Er wird ebenso mit dem Verschwinden einiger Menschen in Verbindung gebracht. Die Einheit des SUT sucht nach ihm.«
»Die Spezialeinheit zum Schutz Terras?«, Larissa keuchte, als ihr die Bedeutung von Lance´ Worten aufging. »Sie verdächtigen Christopher des Mordes?«
»Bisher ist nur von Entführung die Rede«, wiegelte Lance ab. »Mehrere Personen sind verschwunden, nachdem er zuletzt mit ihnen gesehen wurde.«
»Du hast Christopher doch überprüft.«
»Natürlich habe ich das. Als er das erste Mal in deiner Nähe auftauchte, hab ich ihn durchs Raster laufen lassen«, er schnaubte. »Als dein Interesse an ihm offensichtlich wurde, habe ich ihn noch einmal gründlich gecheckt.«
»Und?«
»Glaubst du, ich hätte dich mit ihm in diese Wohnung gehen lassen, wenn ich eine Unregelmäßigkeit gefunden hätte?«
»Er hat das nicht getan.«
»Angeblich gibt es Augenzeugen, die …«
Sie hob die Hand, um jedes weitere Wort zu verhindern.
»Er hat es nicht getan. Unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich. Angenommen, er hat Beziehungen. Verbindungen, die bis ganz nach oben reichen. Das könnte eine gefälschte Vita erklären.«
»Und damit würde er sich dann als mittelloser Student tarnen? Um dann was zu tun? Um an mich ran zu kommen? An meinen Vater? Lord Hiereon? Bei solchen Beziehungen hätte er das einfacher haben können.«
»Mehrere Personen haben, unabhängig voneinander, bestätigt, dass sie einen Entführungsversuch mitangesehen haben. Daraufhin ist Christopher selbst verschwunden.«
»Wer?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wer, Lance?«
»Die SUT wird mit dir reden wollen. Noch gelingt es deinem Vater, sie von dir fernzuhalten. Ich wollte dich nur darauf vorbereiten.«
Larissa hörte ihm kaum noch zu. Im Geiste ging sie die Liste der Personen durch, die des Öfteren mit ihr und Christopher zusammen gewesen waren. Sie erstarrte, als ihr die Wahrheit bewusst wurde.
»Dieser verdammte Mistkerl!«
Sie katapultierte sich förmlich aus dem Sessel heraus und war an der Tür, bevor Lance auch nur reagieren konnte. Er fluchte und stürzte ihr nach.
»Larissa warte. Mädel bleib stehen.«
»Ich bring ihn um. Ich bring ihn ganz einfach um.«
»Würdest du bitte aufpassen was du da sagst? Du musst dich beruhigen, bevor dich jemand so sieht.«
»Einen Dreck muss ich.«
»Oberschicht ja? Du erinnerst dich? Beherrschung? Disziplin? Etikette?«
»Da sch…«
»Sag es nicht. Nimm nicht solche Worte in den Mund.«
»…eiß ich drauf.«
»Ich wusste, es war keine gute Idee deines Vaters, mich zu deinem Leibwächter zu machen«, Lance stöhnte. »Du hast dir in den letzten zehn Jahren einfach zu viel von mir abgeguckt.«
»Was denn? Das man sich nichts gefallen lässt?«
»Ich bin ein Clankrieger, verdammt! Von mir wird erwartet, dass ich mir nichts bieten lasse. Von dir erwartet man Benehmen und Beherrschung!«
Larissa verdrehte nur die Augen. Die Erwartungen der anderen konnten ihr gestohlen belieben. Und Benehmen? Gari war es doch, der sich wie der blöde Idiot benahm, der er auch war. Mittlerweile waren sie in dem Teil des Gebäudes angekommen, in dem Garis Räume lagen.
Larissa steuerte auf die Tür zu, hinter der sich Garis Wohnbereich befand. Wie oft sie schon hier gewesen war, als sie beide noch Kinder gewesen waren und sich verstanden hatten. Aber das war lange vorbei. Als Leon, der Sohn Lord Hiereons gestorben war, und Gari zum Nachfolger des Clanführers ernannt wurde, hatte er sich verändert. Seine Überheblichkeit und sein Machtgehabe gingen ihr auf die Nerven. Mehr noch, seine Rücksichtslosigkeit erschreckte sie. So hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen deutlich abgekühlt, bis es schließlich gänzlich zerrüttet war. 
Ihr Zögern nutze Lance, um sich kurzerhand vor die Tür zu stellen und ihr den Weg zu versperren.
»Du wirst dort nicht reinstürmen“, sagte er und verschränkte die Arme, so wie er es immer tat, wenn er entschlossen war, sie an etwas zu hindern. „Nicht bevor du dich beruhigt hast und am besten gar nicht.«
»Geh mir aus dem Weg, Lance.« Larissa versuchte all ihre Wut in den Blick zu legen, mit dem sie ihn anstarrte. »Das ist ein Befehl.«
„Scheiße, ist das dein Ernst? Du kannst dort jetzt nicht rein gehen«, wiederholte er dann, jedes Wort betonend. »Und dir und somit auch mir Probleme bereiten.«
Sie ballte die Fäuste. Er hatte sie schachmatt gesetzt und er wusste es. Vielleicht, nein ganz sicher sogar, hatte sie kein Problem damit sich Selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Sie war durchaus bereit für ihre Fehler einzustehen. Aber sie brachte niemals bewusst andere in Schwierigkeiten.
Larissa schloss die Augen, atmete tief ein und aus und versuchte sich zu beruhigen. Es gelang ihr beinahe, bis sich die Tür hinter Lance öffnete.
»Larissa, die Überwachung meldete dein Kommen. Wie schön, dass du meiner kleinen Party beiwohnen willst.«
»Du!«, schrie sie Gari, über Lance` Schulter hinweg, an. »Du miese, kleine, niederträchtige …«
»Ich bin ebenfalls erfreut dich zu sehen«, unterbrach Gari sie mit süffisantem Lächeln. »Aber achte bitte auf deine Worte. Das Dilemma, indem du dich befindest, solltest du nicht durch deine Taktlosigkeit steigern.«
Achselzuckend wandte er sich ab und ließ sie auf dem Gang stehen, als wäre sie ein vergessenes Möbelstück.
Larissa schob Lance zur Seite, wobei sie sowohl sein warnendes Kopfschütteln ebenso ignorierte wie seinen beschwörenden Blick, und stürmte hinter Gari in den Raum. Sie hörte Lance leise fluchen und wusste, er war direkt hinter ihr.
Gari war nicht allein.  Mehrere seiner Freunde waren bei ihm, die Larissa ebenso ignorierte, wie die drei halbbekleideten Damen im Hintergrund.
»Was hast du getan?«, verlangte sie stattdessen von Gari zu wissen. »Mit welchen schmierigen, miesen Tricks versuchst du dich schon wieder in den Vordergrund zu drängen?«
»Mir ist vollkommen unklar wovon du sprichst.«
»Du hast diese haarsträubenden Anschuldigungen über Christopher in die Welt gesetzt.«
»Ach das«, Gari zuckte geringschätzig die Schultern. »Dieser ganze Aufstand wegen eines Versagers, der dich bereits durch seine bloße Anwesenheit diskreditierte?«
»Du wirst diese Beschuldigungen zurücknehmen.«
»Das wäre unangebracht?« Garis Grinsen wurde noch breiter. Er versuchte gar nicht erst zu verbergen, wie sehr er die Situation genoss.
»Gari, bitte!«, Larissa kämpfte um Beherrschung.
»Du bittest mich um etwas? Es war mir nicht bewusst, dass dieses Wort zu deinem Vokabular gehört. Könnte ich dies nochmals hören? Offensichtlich bist du ja bereit für diesen Abschaum zu betteln.«
Larissa spürte, wie Lance sich hinter ihr anspannte. Er kannte ihr Temperament zu gut, um locker zu bleiben. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Der Wunsch, diese in Garis Gesicht zu schlagen, um sein widerliches Grienen dadurch wegzuwischen, war beinahe übermächtig. Aber sie beherrschte sich. Es war Lance` spürbare Anspannung, die ihr dabei half.
»Wärst du so freundlich, die falschen Anschuldigungen über Christopher zurückzunehmen? Bitte! Oder soll ich vor dir auch noch auf die Knie fallen?«
»Eine verlockende Vorstellung. Doch vorläufig werde ich davon absehen.« Gari zögerte kurz, dann sagte er: »Die SUT sieht die Gesetzesübertretungen Bishops als erwiesen an. Was meine Falschen …«, er machte mit den Händen Anführungszeichen in die Luft. »… Anschuldigungen betrifft. Sie entsprechen der Wahrheit. Zumindest solange, bis ich etwas anderes sage. Du solltest aufwachen, Larissa. Jemand wie er passt nicht zu unseresgleichen.«
»Du steckst also wirklich dahinter?“
Obwohl sie es, bis an die Grenze der Gewissheit geahnt hatte, erschütterte sie sein offenen Eingestände.
»Wenn ich etwas will, nehme ich es mir. Sollte sich mir dabei jemand in den Weg stellen, wird er die Konsequenzen dafür zu spüren bekommen.«
»Christopher ist unschuldig. Das werde ich beweisen.«
»Wirst du das?“, Gari lächelte herablassend. „Dein Wort gegen Meines stellen? Was denkst du, wessen Einfluss größer ist? Aber wenn dir so viel daran liegt; wie weit würdest du gehen, um diesen Abschaum zu retten?« Provozierend fasste er sich in den Schritt und schob die Hüften vor. „Jetzt würde dich zu gern auf Knien vor mir sehen.“
Garis Freunde im Hintergrund johlten.
Bis zu dem Moment, in dem Larissa ausholte und Gari ins Gesicht schlug. Totenstille folge, nur unterbrochen von dem Fluch, den Lance ausstieß.
»So«, stieß sie, unbeeindruckt von den entsetzten Blicken um sie herum, hervor. »Jetzt weißt du, was ich von dir, deinem Einfluss, und deinen billigen Besitzansprüchen halte.«
Gari hielt sich die Wange und starrte sie fassungslos an. Noch nie hatte es jemand gewagt, ihn zu schlagen. Langsam machte er einen Schritt auf Larissa zu.
Blitzschnell baute sich Lance vor ihr auf. »Geh auf dein Zimmer«, sagte er, über die Schulter hinweg, zu Larissa. »Sofort.«
»Das bereust du. Ich schwöre, dass du das bereuen wirst«, keuchte Gari.
»Vielleicht, aber das war es mir wert.«
Sie berührte Lance am Rücken um ihn zu signalisieren, dass sie gehen wollte. Doch er stand unverrückbar zwischen ihr und Gari. Dieser versuchte Lance zur Seite zu schieben. Ebenso gut hätte er probieren können, eine Felswand mit bloßen Händen zu bewegen. Larissa wusste, er würde Gari nicht die Möglichkeit geben, auf sie los zu gehen. Dazu hatte er zu oft gesehen, wozu der Neffe des Clanführers während eines Wutanfalles fähig war.
„Lass mich vorbei!«, knurrte Gari wütend.
»Das kann ich nicht tun«, Lance klang völlig ruhig.
»Das ist Befehlsverweigerung.«
Scheiße … Larissa war klar, dass Lance mehr Probleme bekommen würde, als er bewältigen konnte, sollte Gari das ernst meinen.
»Mir ist nicht bewusst, dass es sich um einen Befehl handelt«, entgegnete Lance stoisch. »Meines Erachtens verlor ein Mitglied der Oberschicht die Beherrschung. Deswegen wird sie sich jetzt in ihre Räume zurückziehen. Dort kann sie über ihren Fehler nachdenken und sich eine Möglichkeit zur Wiedergutmachung überlegen. Ohne, dass es zu einem weiteren Eklat kommt.«
Eine eindeutige Aufforderung an Larissa, endlich zu verschwinden. Sie bekam gerade noch mit, wie Gari sich nach seinen Freunden umblickte. Atemloses Schweigen empfing ihn. Man hätte die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören können.
»Was ist?«, schnappte er, »wo bleibt die Musik.«
Augenblicklich dröhnte der Bass los. Aber da war Larissa schon um die nächste Biegung des Ganges verschwunden.

Freitag, 5. August 2016

Buchtrailer: Macht der Clans Liebes Rebellion


Die Macht der Clans - Liebes Rebellion






Über Liebe, Blastergewehre und den Kampf um Freiheit

Der Debütroman von Gabi Büttner entführt den Leser in eine andere Welt.
Ich wollte Abenteuer, Spannung, aber auch die große Liebe, sagt die aus Nienburg stammende Autorin über ihr Erstlingswerk. Aber ich wollte Gleiter anstelle von Autos, Blasterwaffen statt Pistolen, eine unbekannte Welt anstatt den Besuch bei der Schwiegermutter. Doch vor allem wollte ich ein Buch schreiben über zwei Menschen, deren Liebe stark genug ist all das zu überwinden. So entstand ein Roman für die Leser aller Genres.

"Die Macht der Clans – LiebesRebellion"

so der Titel.

"Was würdest du aufgeben für den Kampf um Freiheit?", lautet die zentrale Frage.

Als die Erde durch eine Naturkatastrophe unbewohnbar wird, findet die Menschheit auf Terra zwei eine neue Heimat. Dreihundert Jahre später regieren Clans diese Welt.
Als sein Bruder getötet wird, schwört Chris alles zu tun, um die grausame Clanherrschaft auf Terra zu beenden. Während eines Auftrages verliebt er sich –ausgerechnet in Larissa, eine junge Frau aus der Oberschicht, die für all das steht, was er zu bekämpfen schwor.

Soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung, eine bevorstehende Revolution und mittendrin eine Liebesgeschichte. Hat dieses Thema noch Potential etwas Neues, Frisches hervorzubringen?
Offensichtlich, denn Frau Büttner schafft es scheinbar mühelos, diese Elemente zu einem stimmigen Gesamtbild zu vereinen. Lebendige Figuren mit ausgeprägter Persönlichkeit, die jedoch nicht starr sind, sondern sich im Laufe der Geschichte immer wieder verändern und für Überraschungen sorgen.

Als Taschenbuch ISBN: 978-3848201518 überall im Buchhandel oder online für 9,99 € zu bestellen.
Auch als eBook – exklusive auf Amazon, für 2,99 € erhältlich .


Gabi Büttner, Jahrgang 1970, geboren in Nienburg im schönen Niedersachsen, schreibt seit ihrer frühen Jugend. Nach ihrer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau war sie jahrelang im Buchhandel tätig und lebt seit einigen Monaten in Hannover.

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